Lennart ist zum Schüleraustausch in seinem Traumziel Florida im Süden der USA

Dieses Jahr geht im Grunde genommen auf einen einzigen Infoabend meiner Schule zurück

Lennart ist zum Schüleraustausch in Florida

Erster Erfahrungsbericht von Lennart aus Niedersachsen, der sein Auslandsjahr mit unserem Austausch-Stipendium in den USA verbringt. Weitere Berichte von ihm folgen im Jahr 2017.

Warum ich diesen Schüleraustausch mache

Dieses Jahr geht im Grunde genommen auf einen einzigen Infoabend meiner Schule zurück. An diesem Abend waren Austauschschüler aus den 11. und 12. Klassen zugegen, die ihr bereits vergangenes Jahr im Ausland Revue passieren ließen und auf den Ablauf ihrer Bewerbungsverfahren eingingen.

Dies war für mich bereits der Zeitpunkt, an dem ich überzeugt war zu gehen und es war sofort klar, dass es zehn Monate sein sollten. Die ersten Dinge die mich überzeugten waren all die Gefühle, die mir von den ehemaligen Austauschülern vermittelt wurden - die Freiheit und Selbständigkeit, fern von dem Schulalltag, den ich kannte.

Erst später wurde mir - und dann auch meinen Eltern - anderes Positives bewusst: wenn ich wiederkommen würde, könnte ich fließend Englisch sprechen, es würde mir einen Pluspunkt für meine Unibewerbung verschaffen und ich würde so viel selbstständiger in nur einem Jahr. Die Kultur wurde erst im Laufe meiner Bewerbung eine meiner Motivationen für diesen Austausch.

Die USA sind für meinen Schüleraustausch die erste Wahl

Die Organisationen haben allesamt das Motto, dass ein Austausch eine tolle Sache sei, egal wo man denn nun lande. Das mag auch stimmen, jedoch sollte man sich natürlich im Klaren sein, was man denn nun mit dem eigenen Auslandsaufenthalt erreichen möchte und natürlich auch ob man mit einer vollkommen verschiedenen Kultur umgehen kann. Da es mein Ziel war Englisch zu lernen, sollte es logischerweise im englischsprachigen Raum sein. Angeboten haben sich dafür insbesondere Neuseeland, Australien, Großbritannien und die Vereinigten Staaten sowie Kanada. Da die USA hier die günstigste Wahl war, ohne dabei “zu nah” am Zuhause zu sein, entschied ich mich zusammen mit meinen Eltern dafür.

Die Auswahl der Austauschorganisation war für mich einfach

Schnell hatten sich einige Prospekte gefunden und auch schnell wurde uns allein durch das Ausschlussverfahren klar, welche Organisationen relevant waren. Hierzu gehörten für uns zwei Organisationen, die beide einen zuverlässigen und professionellen Eindruck machten.

Die erste Bewerbung war schnell getan, da die Organisationen es an diesem Zeitpunkt noch so einfach wie möglich halten. Kurz darauf hatten wir zwei Interviews. Das erste Interview war ein Einzelinterview und wir saßen in dem privaten Wohnzimmer eines Mitarbeiters bei Tee und Keksen. Nachdem er mit seiner Vorstellung geendet hatte, bat er meine Eltern den Raum zu verlassen und mich meine Persönlichkeit vorzustellen, gefolgt von einem Kurztest meiner Englischkenntnisse.

Das zweite Gespräch fand in einem Bremer Hotel in einem Veranstaltungsraum mit mehreren Bewerbern und mehreren Interviewern statt. Die Gruppe wurde in Eltern und Bewerber getrennt und wir wurden in zwei verschiedene Räume geführt. Die Eltern wurden gründlich informiert und die Bewerber bloß kurz aufgeklärt und dann geprüft. Wir schrieben einen Modellbrief an unsere Gastfamilien und wurden ebenfalls zu Kurztests herausgerufen. Preise und auch Leistungen beider Organisationen waren beinahe identisch, doch da eine Partnerorganisation in den USA mehr Trips nach New York, Kalifornien, usw. anbot, entschieden wir uns endgültig für Stepin und deren amerikanischen Partner ICES.

Die Finanzierung meines Schüleraustausches und was bei der Suche nach Stipendien wichtig ist

Die Finanzierung eines Austausches ist etwas sehr Individuelles, da nicht alle Familien ein gleiches Einkommen haben. Für alle Leute die das Jahr nicht aus der Portokasse zahlen können, macht es Sinn sich mit Stipendien auseinanderzusetzen. Ich persönlich habe den Fehler gemacht, nicht gleich von vornherein nach Vollstipendien zu suchen. Nachdem ich bereits dabei war den Vertrag zu unterschreiben, war es zu spät. Vollstipendien sind in fast allen Fällen bloß für ein bestimmtes Angebot und anwendbar. Die Fristen für Vollstipendien laufen allerdings sehr früh ab. Heißt: wenn man schon sehr früh weiß, was man will - unbedingt bewerben!

Für mich blieb damit noch die Möglichkeit eines Teilstipendiums oder Taschengeldstipendiums. Teilstipendien der Austauschorganisationen sind nur für die Programme der Stipendiengeber verfügbar.

Das ist der Grund, aus dem das Taschengeldstipendium der Deutschen Stiftung Völkerverständigung so eine hervorragende Gelegenheit ist. Es ist an nichts gebunden, jedoch sollte man sich in einer Weise gemeinnützig engagieren.

Die Vorbereitung auf den Schüleraustausch war recht arbeitsreich

In dem privaten Gespräch mit meiner Organisation wurde deutlich, dass zum Jahresende eine Menge Arbeit auf uns zukommen würde. Es war viel zu tun in Sachen Reisepass, diverse Erklärungen, Impfungen, Briefe, Fotos und ähnliches. Mit anderen Worten: Bewerber sollen ihr Inneres nach Außen kehren, um zum einen das Visa zu erhalten und in die USA gelassen zu werden und zum anderen potenziellen Gastfamilien eine Vorstellung davon zu geben “wer man ist”, um am Ende in einer Familie zu landen, mit der man sich auch versteht.

Dabei ließ mich die Organisationen nicht ganz alleine: ich bekam in regelmäßigen Abständen Briefe in denen darüber aufgeklärt wurde, welche Schritte zu welcher Zeit unternommen werden müssen - der Reisepass muss beispielsweise vor dem Visumsantrag zur Verfügung stehen, was wiederum bedeutet, dass der Reisepass bestenfalls im Januar beantragt wird. Für den Reisepass müssen wiederum andere Fotogrößen bestellt werden als für das Visum. Über derartige Formalitäten hatte ich mich rechtzeitig zu informieren.

Der nächste große Schritt war, das Visum zu beantragen und sich einen Termin bei der amerikanischen Botschaft zu holen. Dafür fuhr ich für zwei Tage nach Berlin, da die Fahrt alleine fünf Stunden dauert und mein Termin um neun Uhr morgens stattfand. Der Besuch in der Botschaft verlief relativ stressfrei. Nach einigen Sicherheitsmaßnahmen - einschließlich des Scannens meiner Armbanduhr - dauerte es bloß etwas mehr als eine Stunde bis ich die Botschaft wieder verlassen konnte. Der Reisepass wird in der Botschaft hinterlegt und das Visum per Post nach Hause nachgeschickt.

Der Abschied von Deutschland fiel mir nicht wirklich schwer

Dafür war ich viel zu aufgeregt. Jedoch bereitete es Schwierigkeiten meine Abschiedsparty mit meinen Freunden zu planen, da der endgültige Termin der Abreise von meiner Organisation für den Großteil der Austauschschüler sehr kurzfristig festgelegt wird. Also wartete ich die Sommerferien über auf einen konkreten Termin der Abreise, um meinerseits einen konkreten Termin für meine Abschiedsparty zu finden. Da sich allerdings niemand meldete, legte ich bloß einen Termin fest und hoffte, dass ich dann noch da sein würde. Eine Freundin, die ebenfalls ein Jahr in den Staaten verbringt, beschränkte ihre Personenanzahl auf ein Minimum und auch ich wollte es ähnlich gestalten.

Doch sobald ich anfing darüber nachzudenken, vom wem ich mich gerne verabschieden würde, fing die Gästeliste an riesig zu werden. Die Liste musste ich kürzen und kam auf eine Zahl von zwanzig Freunden bei einer anfangs geplanten Zahl von höchstens zehn. Nach den Sommerferien begannen zwei Wochen voller Langeweile, von denen so mancher nur träumt. Da ich mich für keine Oberstufenkurse eingeschrieben hatte, nachdem die Schule mich einfach für ein komplettes Jahr vom Unterricht freigestellt hatte, “musste” ich zu Hause bleiben.

Andere Austauschschüler kannten teils ihre Gastfamilien schon per Mail, Telefonat oder Skype, während ich noch nicht einmal meinen Staat kannte. Die Woche ging schon auf meine Abschiedsfeier zu, ohne dass ich auch nur den geringsten Schimmer hatte, was auf mich zukommen würde, da rief endlich die Organisation an, um mir mitzuteilen, dass eine Familie in Florida gefunden wurde - mein absoluter Wunschstaat. Doch leider war es mir nicht möglich, den gebuchten New York-Orientation-Trip wahrzunehmen, da die Schule in Florida bereits angefangen hatte und ich innerhalb von fünf Tagen kommen sollte. Da wurden meine Tage doch plötzlich ein wenig stressig.

Den nächsten Tag hatte ich meine Feier und den Tag darauf fing ich an zu packen. Montag noch schnell die Familie sehen und Dienstag meine Freunde in der Schulpause besuchen. Da kamen dann schon mulmige Gefühle auf. Bei der Feier noch haben wir uns vorsichtshalber verabschiedet als würde ich die anderen nicht mehr wiedersehen, aber nun da ich wusste, dass ich keinen meiner Freunde für 10 Monate wiedersehen könnte - Skype und Facetime jetzt einmal ausgenommen - war die Stimmung doch sehr bedrückt. Dienstag nachmittag wogen wir den Koffer endgültig, um festzustellen, dass ich um einiges zu viel gepackt hatte. Es passte zwar alles hervorragend, doch leider darf man für ein ganzes Jahr nicht viel mehr als für einen normalen Urlaub mitnehmen.

An alle Leser, die ein Auslandsjahr vorhaben und sich schon ausgemalt haben, wie hart es wohl sein würde, alles Überflüssige auszumachen und gleich nur das Nötigste einzupacken: man stelle sich nun einmal vor, ohnehin schon nur das Nötigste eingepackt zu haben und nun anfangen zu dürfen, fünf Kilogramm von dem unverhandelbar Notwendigen abzuziehen.

Mein Flug in die USA war lang und ereignisreich

Die Nacht vor dem Aufbruch war erstaunlich erholsam. Ich hatte erwartet viel zu aufgeregt zu sein, doch offenbar war ich zu müde, um einfach nicht zu schlafen. Morgens um vier saßen wir dann am Frühstückstisch und hatten unser vorerst letztes gemeinsames Frühstück. Einmal zum Flughafen Hamburg aufgebrochen, durften wir auch gleich wieder umkehren, da ich in der Aufregung mein Aufladekabel vergessen hatte. Das war dann tatsächlich mein bisher letztes Mal zu Hause.

Am Flughafen wurde es dann etwas ernster. Ich war zuvor nie alleine geflogen und mir fehlte auch ein wenig die Ahnung, wie Dinge ablaufen würden. Doch das legte sich schnell. Meine Eltern gaben mir eine schnelle Einführung, wo ich Koffer aufzugeben hatte, Sicherheitschecks zu machen haben würde, mein Gate zu suchen und dann für meinen Flieger einzuchecken und dann wurde es ziemlich emotional. Wir hatten uns alle vorgenommen es kurz und bündig zu halten, um es nicht härter als ohnehin zu machen, doch vielleicht gehen solche Dinge ganz einfach nicht einfach. Eine Umarmung später stand ich im Sicherheitsbereich des Flughafens und musste auch schon zu meinem Flug hasten.

Auf meinem ersten Flug hatte mein Sitznachbar schlimme Flugangst, so dass er plötzlich sehr gesprächig wurde und beinahe auf meinem Schoß saß. Ich werde vermutlich in Jahren noch erzählen können, dass er gerne rudert, gerade sein Technikstudium abschlossen hatte und auf dem Weg nach Afrika mit zwei Freundinnen war. Nachdem ich in Amsterdam gelandet war, hatte ich drei Stunden Wartezeit, doch musste ich meine Karte auf einen anderen Code umschreiben lassen, sodass die Zeit beinahe nötig war. Von Amsterdam in die USA waren es neun Stunden Flug. Auch hier hatte ich einengesprächigen Sitznachbarn. Auf diesem Flug fiel uns erst nach zwei Stunden englischsprechen auf, dass mein Gesprächspartner ebenfalls deutsch war. Das war uns beiden im ersten Moment etwas unangenehm, doch wechselten wir danach einfach ins Deutsche.

Der Flughafen in Atlanta ist gigantisch. Ich musste bloß das Gate wechseln - nicht das Terminal - und nahm dafür einen Zug. Auf meinem letzten Flug war ich schon etwa 22 Stunden unterwegs, sodass ich nicht einmal aufgeregt genug war, um wach zu bleiben.

Wie ich meine Gastfamilie kennen gelernt habe

Als ich den Flieger verließ, hatte ich keine genaue Vorstellung, wie meine Austauschfamilie aussehen würde, da ich bloß ein winziges Foto meines Austauschbruders zu sehen bekommen hatte. Doch hatte eine Familie inmitten der Leute am Flughafen ein großes Schild mit meinem Namen und Luftballons, sodass sich wenigstens diese Hürde erübrigte. Ich hatte erwartet, dass der erste Kontakt mit der Familie etwas seltsam werden könnte, jedoch passierte nichts dergleichen.

Wir machten ein schnelles Foto, stellten einander vor und liefen gemeinsam zum Auto, um dann Pizza essen zu gehen. Wir verstanden uns von Beginn an und stellten in der ersten Nacht unglaublich viele Fragen. Ich fand eine ganze Menge über meine Familie heraus, da ich ja vorher kaum nähere Informationen erhalten hatte. Den ersten Tag durfte ich erstmal einmal ausschlafen und frühstückte mit meinem Gastvater um den Mittag herum, um dann gemeinsam zu meiner derzeitigen Schule zu fahren und mich anzumelden.

Meine bisherigen Erlebnisse in der Schule

Die Kurswahl in den USA ist etwas anders verglichen mit deutschen Schulen. Ich wählte beispielsweise Kurse wie Psychologie; Mathe ist unterteilt in Kurse, die Teilbereiche abdecken wie z.B. Algebra, Geometrie, Calculus, etc. Die Schule selbst ist ziemlich typisch amerikanisch, Spinde gibt es jedoch keine. Die einzelnen Sportarten verlaufen nur saisonweise, weshalb ich zum Beispiel kein Football spielen konnte, weil ich dafür zu spät war. Dafür habe ich mit Cross Country angefangen, was eigentlich nur aus Ausdauerläufen besteht. Derzeit spiele ich Fußball.

Gute und unangenehme Erfahrungen

In meiner ersten Schulwoche bin ich unabsichtlich in ein Theatercasting hineingeraten, weil die Regie annahm, dass ich vorsprechen wollen würde, da mein Austauschbruder dasselbe tat - womit ich den unangenehmsten Moment meines ganzen Jahres gleich zu Anfang erleben durfte. Typisch amerikanische Dinge, die ich bisher erleben durfte, sind eine Reihe Footballspiele, Homecoming, einige Hausparties - die besten finden an Halloween statt - und natürlich eine Menge Fastfood.

Von den Dingen die stattfanden, war Homecoming das wohl schönste Erlebnis. Es ist wohl auch eines der typischsten. Die Schule “begrüßt” die Schüler formell mit einem Tanzabend, der neben Prom eine ziemlich große Sache darstellt. Für den Abend bittet man jemanden zum Ausgehen. Das tut man vorzugsweise mit einem großen Schild und Spruch: ich kaufte einen Teddybären und bastelte ein Schild mit der Aufschrift “I could not BEAR to go to HOMECOMING without you!” An dem Abend ging ich mit meiner Partnerin und meinen anderen Freunden erst in ein feines Restaurant - in Tuxedo und mit Corsage - und dann zum Tanzen zur Schule.

Euer Lennart